Heute Morgen habe ich vor dem Kindergartenstart meines hochsensiblen Kindes mit der Nachbarin geplaudert – und dabei die Zeit vergessen. Plötzlich war es spät, und auf einmal musste alles schnell gehen: anziehen, Zähne putzen, vielleicht noch ein kurzer Moment zum Spielen.
Ich hätte es besser wissen müssen. Mein Kind erstarrte. Der abrupte Wechsel, der plötzliche Zeitdruck – das war zu viel. Statt sich zügig anzuziehen, begann es zu jammern. Die Socken kratzten, der Pulli fühlte sich „komisch“ an, jeder Handgriff wurde zur Herausforderung. Ich spürte, wie meine eigene Anspannung wuchs. Die Ungeduld in mir stieg, aber gleichzeitig wusste ich: Drängen macht alles nur schlimmer. Und doch war da der Druck, pünktlich loszumüssen.
Schliesslich waren wir irgendwie fertig. Doch beim Abschied im Kindergarten kullerten dann doch die Tränen. Zu viel, zu schnell, zu plötzlich. Mein Kind war völlig überfordert – und ich auch.
Übergänge sind für hochsensible Kinder eine echte Herausforderung. Ein Moment noch ganz vertieft im Spiel, im nächsten soll es plötzlich losgehen? Das fühlt sich für sie an wie ein kalter Sprung ins Wasser. Doch auch für uns hochsensible Mütter sind solche Situationen schwierig. Der Druck, das Zeitmanagement, die eigenen Reize, die sich aufstauen – all das potenziert sich und macht es schwer, gelassen zu bleiben.
Heute Morgen habe ich einmal mehr gemerkt: Wir brauchen Zeit. Zeit für Übergänge. Zeit, um Stress zu vermeiden. Zeit, um den Tag ruhig zu beginnen.
In diesem Artikel
Herausforderungen mit einem hochsensiblen Kind
Ein hochsensibles Kind zu begleiten, kann wunderschön – aber auch unglaublich fordernd sein. Wenn du selbst nicht hochsensibel bist, kann es schwer sein zu verstehen, warum dein Kind scheinbar wegen „Kleinigkeiten“ blockiert oder stundenlang braucht, um zur Ruhe zu kommen. Und wenn du selbst hochsensibel bist? Dann kann es doppelt herausfordernd sein, weil dein eigenes Nervensystem ständig mit all den Reizen jonglieren muss.
Ich kenne das nur zu gut. Die ständige Gratwanderung zwischen den Bedürfnissen meiner Kinder und meinen eigenen. Momente, in denen ich dachte: Ich kann nicht mehr. Ich brauche Raum. Ich brauche Ruhe. Aber genau dann wollten meine Kinder Nähe, Aufmerksamkeit, Trost.
Was mir geholfen hat? Ein Weg, der beides möglich macht – mein Kind liebevoll zu begleiten, ohne mich selbst zu verlieren. Ich habe gelernt, wie ich meine Energie besser einteile, mich innerlich abgrenze und mein Kind so unterstütze, dass es weniger in die Überreizung kippt.
Und genau dabei kann ich auch dich unterstützen. Individuell, flexibel, genau so, wie es zu dir passt – per E-Mail oder Messenger. Keine festen Termine, kein zusätzlicher Stress. Du schreibst mir, wenn es für dich passt, und bekommst gezielte Impulse, konkrete Lösungen und liebevolle Begleitung in deinem Tempo.
Du musst das nicht alleine schaffen. Schreib mir einfach an goni@mamaleicht.ch – und wir finden gemeinsam heraus, wie du dein Kind bestmöglich begleiten kannst, ohne dich selbst zu verlieren.
In diesem Artikel erfährst du mehr über Hochsensibilität bei Kindern und Eltern – und wie ihr euren Alltag mit mehr Leichtigkeit gestalten könnt.
Ach, darum bin ich so! Hochsensibilität erkennen
Hochsensibilität erkennen – warum das so wichtig ist
Vielleicht fragst du dich: Muss ich wirklich wissen, ob mein Kind (oder ich selbst) hochsensibel bin? Ich finde – ja, unbedingt!
Ich selbst habe erst Anfang 30 verstanden, dass ich hochsensibel bin. Davor hatte ich keine Erklärung dafür, warum mich Lärm, grosse Menschenmengen oder angespannte Stimmungen so auslaugen konnten. Ich merkte nur, dass ich oft erschöpft war, gereizt reagierte und manchmal einfach nicht mehr konnte. Aber ich wusste nicht, warum.
Hätte ich früher gewusst, dass mein Nervensystem anders arbeitet, dass ich mehr Pausen brauche, um Reize zu verarbeiten – vielleicht hätte ich mich weniger hinterfragt. Vielleicht hätte ich mich bewusster zurückgezogen, statt zu denken, mit mir sei etwas falsch.
Genau das wünsche ich auch hochsensiblen Kindern. Sie werden oft missverstanden, als „empfindlich“ abgestempelt oder unterschätzt. Doch was wäre, wenn sie einfach so sein dürften, wie sie sind? Ohne „Stell dich nicht so an“, ohne „Du musst da durch“?
Mein Sohn hat kürzlich im Kindergarten gestartet. Und wenn ihm alles zu viel wird, setzt er sich einfach auf seinen Stuhl und macht Pause. Er nimmt sich diesen Moment, den ich mir als Kind vielleicht nie erlaubt hätte. Ich finde es bemerkenswert, dass er mit seinen vier Jahren schon spürt, was er braucht.
Wenn du ein hochsensibles Kind hast oder vermutest, dass es eines ist, dann kannst du ihm helfen, seinen eigenen Weg zu finden – einen Weg, der nicht aus „Anpassen um jeden Preis“ besteht, sondern aus Verständnis, Rücksicht und Raum für seine Bedürfnisse.
Was bedeutet Hochsensibilität?
Was bedeutet Hochsensibilität?
Hochsensible Menschen nehmen ihre Umgebung intensiver wahr. Ihr Nervensystem verarbeitet Reize empfindlicher, wodurch sie mehr Details aufnehmen – und oft auch tiefer darüber nachdenken. Geräusche, Licht, Stimmungen, Berührungen – all das kommt ungefiltert an und braucht mehr Zeit zur Verarbeitung.
Die amerikanische Psychologin Elaine Aron prägte den Begriff „Hochsensibilität“ und beschrieb ihn erstmals in ihrem Bestseller The Highly Sensitive Person («Sind Sie hochsensibel?«* in Deutsch). Ihre Forschung zeigt: Hochsensibilität ist keine Seltenheit – etwa 15–20 % der Menschen sind hochsensibel.
Diese Veranlagung ist angeboren und oft vererbbar. Das bedeutet: Wenn du erkennst, dass dein Kind hochsensibel sein könnte, dann bist möglicherweise auch du oder deine Partnerin hochsensibel.
Wann zeigt sich Hochsensibilität?
Schon im Säuglings- und Kleinkindalter kann Hochsensibilität erste Anzeichen haben – auch wenn sie nicht immer leicht zu erkennen ist. Manche Babys quengeln schnell, wenn zu viel passiert, oder brauchen länger, um sich nach einem ereignisreichen Tag zu beruhigen. Manche gehören zu den sogenannten „High Need Babys“ – aber Hochsensibilität und High Need sind nicht dasselbe.
Hochsensible Kleinkinder neigen dazu, viel zu beobachten, bevor sie aktiv werden. Sie nehmen kleinste Veränderungen wahr, sind tiefgründig in ihren Gedanken, zeigen viel Empathie und können schnell von zu vielen Reizen überfordert sein – sei es durch zu viel Lärm, neue Eindrücke oder plötzliche Veränderungen.
Hochsensible Menschen haben oft folgende Merkmale (Knopp und Klaaysen*):
- Feine Unterschiede bemerken – Sie nehmen Details wahr, die anderen entgehen.
- Tief nachdenken – Sie analysieren und reflektieren intensiv.
- Hohe Empathie – Sie spüren Emotionen anderer oft stärker mit.
- Handlungsbezogen denken – Sie wägen Entscheidungen gründlich ab.
- Schnelle Über- oder Unterreizung – Sie sind empfindlich gegenüber zu vielen oder zu wenigen Reizen.
Diese Sensibilität ist keine Schwäche – sondern eine besondere Art, die Welt wahrzunehmen. Wer hochsensibel ist, denkt oft vernetzt, spürt Emotionen anderer intensiver und bemerkt Details, die anderen entgehen.
Ist mein Kind hochsensibel?
Um eine erste Idee zu bekommen, ob dein Kind hochsensibel ist, kann folgender Test hilfreich sein. Er stammt von der Autorin des oben erwähnten ersten Buches zu dem Thema. Sie hat weiter über dieses Persönlichkeitsmerkmal geschrieben, auch in Bezug auf Kinder*.
Der Test stammt aus ihrem Buch, ist jedoch auch auf der Website abrufbar.
Mein Kind:
- erschreckt sich leicht
- beschwert sich über kratzende Kleidung, Sockennähte oder Etiketten auf seiner Haut.
- mag normalerweise keine grossen Überraschungen.
- lernt besser durch eine sanfte Korrektur als durch eine harte Bestrafung (Hier möchte ich gerne ergänzen, dass dies für alle Kinder zutrifft, nicht nur hochsensible. Strafen funktionieren nicht.)
- scheint meine Gedanken zu lesen.
- benutzt für sein Alter einen ungewöhnlich gehobenen Wortschatz.
- nimmt den kleinsten ungewöhnlichen Geruch wahr.
- hat einen cleveren Sinn für Humor.
- scheint sehr intuitiv zu sein.
- kann nach einem aufregenden Tag nur schwer einschlafen.
- kommt nicht gut mit grossen Veränderungen zurecht.
- will sich umziehen, wenn es nass oder sandig ist.
- stellt viele Fragen.
- ist ein Perfektionist.
- merkt, wenn andere in Not sind.
- bevorzugt ruhige Spiele.
- stellt tiefgründige Fragen, die zum Nachdenken anregen.
- ist sehr schmerzempfindlich.
- stört sich an lauten Geräuschen.
- bemerkt Feinheiten (etwas, das bewegt wurde, eine Veränderung im Aussehen einer Person, usw.)
- überlegt, ob es sicher ist, bevor er hochklettert.
- kann am besten arbeiten, wenn keine Fremden anwesend sind.
- fühlt Dinge tief.
Bei 13 oder mehr «Ja» Antworten könnte dein Kind hochsensibel sein, wobei es auch sein kann, dass ein Kind hochsensibel ist, welches vielleicht weniger Fragen mit «Ja» beantworten kann, dafür diese ganz klar.
Hochsensibilität ist etwas Wundervolles
Oft liegt der Fokus auf den Herausforderungen der Hochsensibilität – der Reizempfindlichkeit, dem hohen Bedürfnis nach Pausen oder der wählerischen Art beim Essen. Doch Hochsensibilität ist viel mehr als das.
Ich betrachte sie als besondere Begabung, denn hochsensible Kinder:
- haben eine ausgeprägte Beobachtungsgabe – sie bemerken kleinste Details in ihrer Umgebung.
- sind besonders einfühlsam – sie spüren, wenn es anderen nicht gut geht, und reagieren oft mitfühlend. (Natürlich entwickelt sich echte Empathie erst nach etwa vier Jahren.)
- sind kreativ – sie denken in Bildern, Geschichten oder ungewöhnlichen Lösungen.
- können tiefgründige und vernetzte Überlegungen anstellen – sie sehen Zusammenhänge, die anderen verborgen bleiben.
- sind feinfühlig – sie nehmen Stimmungen und Atmosphären stark wahr.
- haben einen ausgeprägten Sinn für Humor – oft lieben sie Wortspiele, feinen Witz oder Situationskomik.
- sind verlässlich – wenn sie sich einer Sache oder einem Menschen verbunden fühlen, sind sie treu und verantwortungsbewusst.
- besitzen eine starke Gerechtigkeitsliebe – sie haben ein feines Gespür für Fairness und stehen für andere ein.
- erleben Natur und Kunst besonders intensiv – sie geniessen Musik, Farben, Formen und Klänge oft auf einer tiefen emotionalen Ebene.
- haben eine reiche innere Welt – sie können sich lange in Gedanken, Fantasien oder eigenen Projekten vertiefen.
Hochsensibilität bedeutet, die Welt intensiver zu erleben – mit all ihren Facetten. Wenn wir hochsensible Kinder in ihren Stärken bestärken, statt sie als „zu empfindlich“ zu sehen, können sie ihr volles Potenzial entfalten.
Wie zeichnet sich die Hochsensibilität bei Kindern aus?
Die vier Merkmale der Hochsensibilität
Die Autorin Kathrin Borghoff beschreibt in ihrem Buch «So feinfühlig und so stark«*, dass Hochsensibilität sich durch vier zentrale Merkmale zeigt: Sinnessensibilität, Verarbeitungstiefe, intensives emotionales Erleben und eine Neigung zur Überstimulierung.
1. Sinnessensibilität – die Welt intensiver wahrnehmen
Hochsensible Kinder nehmen stärker wahr über ihre Sinneskanäle. Gerüche, Geräusche, Licht, Berührungen oder Geschmäcker – all das oder einzelne dieser Eindrücke nehmen sie intensiver wahr. Sie können sich an einem sanften Windhauch erfreuen, aber auch durch eine kratzige Socke oder ein surrendes Geräusch völlig aus dem Gleichgewicht gebracht werden.
Typische Anzeichen:
- Störendes Empfinden bei lauten Geräuschen oder grellem Licht
- Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Stoffen oder Nahrungsmitteln
- Begeisterung für feine sensorische Details, z. B. Düfte oder Farbnuancen
2. Verarbeitungstiefe – intensives Nachdenken und Vertiefen
Hochsensible Kinder denken nicht nur viel – sie denken tief. Sie analysieren, hinterfragen und beschäftigen sich intensiv mit Themen, die sie interessieren.
Mein eigener Sohn ist ein gutes Beispiel: Er kennt über 50 Dinosaurier-Arten mit Namen, Merkmalen und Essgewohnheiten. Einmal interessiert, tauchen hochsensible Kinder oft tief in eine Welt ein und durchdringen sie in all ihren Details.
Typische Anzeichen:
- Stellt tiefgründige oder philosophische Fragen („Warum gibt es Krieg?“, „Was passiert nach dem Tod?“)
- Beschäftigt sich intensiv und lange mit bestimmten Interessen
- Denkt über Situationen und Gespräche lange nach
3. Intensives emotionales Erleben – starke Gefühle, grosse Empathie
Hochsensible Kinder fühlen alles stärker. Freude kann riesig sein, Traurigkeit überwältigend. Sie spüren nicht nur ihre eigenen Emotionen tief, sondern nehmen auch die Stimmungen anderer stark wahr.
Das macht sie unglaublich empathisch, aber auch verletzlicher. Ein kritischer Blick oder ein scharfes Wort kann sie lange beschäftigen.
Typische Anzeichen:
- Zeigt starke emotionale Reaktionen (Freude, Trauer, Wut)
- Spürt Stimmungen anderer sofort und reagiert darauf
- Fühlt sich schnell ungerecht behandelt oder zurückgewiesen
4. Neigung zur Überstimulierung – wenn alles zu viel wird
Weil hochsensible Kinder so viele Reize intensiver wahrnehmen, wird ihr Nervensystem schneller überlastet – nicht nur durch äussere Einflüsse wie Lärm oder Trubel, sondern auch durch innere Gedanken und Emotionen.
Wissenschaftlich geht man davon aus, dass ihre Reize effizienter im Gehirn verarbeitet werden und sie eine höhere Anzahl bestimmter Neurotransmitter haben. Dadurch können sie sich zwar tief konzentrieren und viel wahrnehmen – aber eben auch schneller erschöpfen.
Typische Anzeichen:
- Wird nach aufregenden Tagen schnell müde oder gereizt
- Braucht viel Zeit, um nach einem intensiven Erlebnis „runterzukommen“
- Zieht sich zurück, wenn es zu viele Eindrücke auf einmal gibt
Hochsensible Kinder erleben die Welt intensiver – und genau das macht sie besonders. Wenn wir verstehen, wie sie die Dinge wahrnehmen, können wir ihnen helfen, ihre Stärken zu entfalten und mit Herausforderungen besser umzugehen.
Wie kannst du dein hochsensibles Kind unterstützen?
Wenn ich gereizt, gestresst oder erschöpft bin, dann brauche ich vor allem eins: Ruhe und Zeit für mich. Alleinsein hilft mir, mein Gleichgewicht wiederzufinden. Als Kind wusste ich das nicht – ich spürte nur, dass mir vieles schnell zu viel wurde, aber ich hatte keine Strategie, um damit umzugehen.
Hochsensible Kinder erleben die Welt besonders intensiv. Menschenmengen, laute Geräusche, plötzliche Übergänge, helles Licht oder starke Gerüche – all das kann sie überfordern. Sie brauchen deshalb mehr Zeit, um Reize zu verarbeiten, und unbedingt Möglichkeiten zum Rückzug. Doch in einem hektischen Alltag ist das oft schwer umzusetzen.
Was passiert, wenn ein hochsensibles Kind keine Verarbeitungsmöglichkeiten hat?
Wenn zu viele Eindrücke auf einmal auf sie einprasseln, kann es zu Erschöpfung, Gereiztheit oder dem Bedürfnis kommen, sich komplett abzuschirmen. Manche Kinder zeigen das durch Wutausbrüche oder Weinen, andere ziehen sich zurück, schlafen schlechter oder entwickeln körperliche Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen.
Was hilft?
Nach reizintensiven Erlebnissen brauchen hochsensible Kinder bewusst eingeplante Ruhephasen. Das kann bedeuten, dass du ihnen nach einem Kindergarten- oder Schultag erst einmal eine Kooperationspause gibst – also eine Zeit, in der sie keine Anforderungen erfüllen müssen.
Das allerwichtigste, was Ihr Kind für seine eigene Biographie braucht, ist Ihr Vertrauen, Ihre Geborgenheit und das Wissen, dass es mit jedem seiner Gefühle zu Ihnen kommen kann, ohne Augenrollen, Zweifel oder Kritik zu ernten.
Kathrin Borghoff*
Hier sind 7 Tipps für dich, wie du dein hochsensibles Kind unterstützen kannst:
1. Verständnis für die Hochsensibilität zeigen
Es ist nicht immer leicht nachzuvollziehen, was gerade in einem hochsensiblen Kind vorgeht. Doch für das Kind selbst kann es einen großen Unterschied machen, wenn es merkt, dass seine Wahrnehmung ernst genommen wird und es sich nicht „falsch“ fühlen muss. Hochsensibilität ist ein Teil seiner Persönlichkeit – weder eine Schwäche noch eine Eigenschaft, die „überwunden“ werden muss.
Je nach Alter kann es hilfreich sein, gemeinsam über die Besonderheiten dieser Wahrnehmung zu sprechen. So entsteht ein Bewusstsein dafür, welche Situationen herausfordernd sind und was helfen kann, um besser damit umzugehen.
💡 Manche Formulierungen, wie „Stell dich nicht so an“ oder „Sei nicht so empfindlich“, können Kinder verunsichern. Ein mitfühlender Umgang stärkt dagegen ihr Selbstvertrauen.
2. Einen ruhigen und strukturierten Alltag schaffen
Hochsensible Kinder profitieren oft von verlässlichen Abläufen, die ihnen Orientierung und Sicherheit geben. Klare Tagesstrukturen und wiederkehrende Rituale können dabei helfen, sich auf bevorstehende Übergänge vorzubereiten und Stress zu reduzieren.
Allerdings gibt es Unterschiede: Während einige hochsensible Kinder feste Routinen als beruhigend empfinden, kann es für andere – insbesondere High Sensation Seeker – auch einschränkend sein. Hier kann es sinnvoll sein, individuell zu beobachten, was sich stimmig anfühlt.
💡 Besonders Morgen- und Abendrituale können helfen, den Tag ruhig zu beginnen und entspannt zu beenden.
3. Empfindungen und Bedürfnisse ernst nehmen
Viele hochsensible Kinder reagieren empfindlich auf Lärm, grelles Licht oder bestimmte Materialien auf der Haut. Auch emotionale Stimmungen werden intensiver wahrgenommen. Was für andere vielleicht belanglos erscheint, kann für ein hochsensibles Kind eine echte Herausforderung sein.
Ein unterstützender Umgang entsteht, wenn diese Wahrnehmungen nicht abgetan, sondern angenommen werden. In Situationen, die für das Kind überfordernd wirken, kann es helfen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen – sei es ein ruhigerer Rückzugsort, eine kleine Pause oder ein entspannter Übergang in eine neue Umgebung.
💡 Mit der Zeit entwickelt sich oft ein besseres Gespür dafür, was hilft, um sich wieder zu regulieren.
Manchmal äußert sich Überforderung nicht direkt – sondern in scheinbar unpassendem Verhalten. Kinder, die plötzlich laut werden, „Quatsch“ machen oder scheinbar provozieren, zeigen oft eigentlich, dass ihnen gerade alles zu viel wird. Statt auf das Verhalten allein zu reagieren, kann es hilfreich sein, den Ursprung dahinter zu betrachten: Ist es gerade zu laut? Zu viel? Zu unvorhersehbar?
Auch in neuen Situationen sind hochsensible Kinder oft zurückhaltender. Sie beobachten lange, bevor sie sich aktiv einlassen. Wenn sie die nötige Zeit und Begleitung bekommen, entwickeln sie oft selbstbewusstere Strategien, um mit Herausforderungen umzugehen. Manchmal reicht schon die Sicherheit, dass jemand an ihrer Seite ist.
💡 Nach und nach entsteht ein besseres Gespür dafür, was dem Kind hilft, sich wieder zu entspannen – sei es eine ruhige Tätigkeit, ein Moment in der Natur oder einfach eine Pause ohne Erwartungen.
4. Rückzugsmöglichkeiten schaffen
Da hochsensible Kinder Reize intensiver wahrnehmen, kann es entlastend sein, wenn ein geschützter Ort zur Verfügung steht, an dem sie sich zurückziehen und entspannen können. Dies kann eine Kuschelecke in der Wohnung sein, ein Lieblingsplatz im Garten oder einfach ein ruhiges Zimmer mit einer angenehmen Atmosphäre.
💡 Auch kleine Rituale, wie das Hören von sanfter Musik oder eine meditative Pause, können helfen, wieder in die Balance zu kommen.
5. Einfühlsame Begleitung für ein starkes Selbstvertrauen
Ein wertschätzender, bindungsorientierter Umgang kann dazu beitragen, dass hochsensible Kinder sich sicher und angenommen fühlen. Da sie Kritik oft tief verinnerlichen, ist es besonders wichtig, dass ihre Stärken gesehen und gewürdigt werden.
Nicht so sehr Lob oder Belohnungen, sondern echte Anerkennung für ihre individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten kann das Selbstvertrauen stärken. Besonders hilfreich kann es sein, wenn das Kind ermutigt wird, seine eigenen Erfolge wahrzunehmen und stolz auf sich selbst zu sein.
💡 Studien zeigen, dass hochsensible Kinder besonders stark auf Erziehungsstile reagieren – sowohl positiv als auch negativ. Eine liebevolle Begleitung kann langfristig einen großen Unterschied machen (Pluess 2018).
6. Interessen fördern
Hochsensible Kinder tauchen oft mit großer Begeisterung in ihre Lieblingsthemen ein. Ihre tiefe Beobachtungsgabe und ihre Fähigkeit, sich intensiv mit etwas zu beschäftigen, können eine große Stärke sein.
Eltern können dies unterstützen, indem sie dem Kind Raum für seine Interessen geben. Besonders Natur, Musik oder kreative Tätigkeiten wie Malen oder Schreiben können helfen, innere Anspannung abzubauen.
💡 In der Natur fühlen sich viele hochsensible Kinder besonders wohl – ein Spaziergang im Wald oder das Beobachten von Tieren kann beruhigend wirken.
7. Professionelle Unterstützung
Die Begleitung eines hochsensiblen Kindes kann wunderschön, aber auch fordernd sein. Gerade als Eltern ist es nicht immer leicht, die eigenen Bedürfnisse im Blick zu behalten, wenn das Kind viel Aufmerksamkeit braucht.
Manchmal ist es entlastend, sich Unterstützung zu holen – nicht in Form von starren Beratungen oder festen Terminen, sondern so, wie es individuell am besten passt.
💡 Ich biete eine flexible Begleitung per E-Mail oder Messenger an – ohne zusätzlichen Stress, sondern genau dann, wenn es für dich stimmig ist. Du bekommst gezielte Impulse und konkrete Lösungen für deine Situation – individuell, wertschätzend und alltagstauglich.
📩 Wenn du dir Unterstützung wünschst, schreib mir gerne an goni@mamaleicht.ch – gemeinsam finden wir heraus, was euch als Familie weiterhelfen kann.
Quellen und Literatur
Elaine N Aron: Das hochsensible Kind*: Wie Sie auf die besonderen Schwächen und Bedürfnisse Ihres Kindes eingehen, mvg Verlag, 2008
Athina Crane: Hochsensible Kinder – begabt, besonders & bezaubernd*: Sensible und gefühlsstarke Kinder verstehen, liebevoll begleiten und unterstützen (Hochsensibilität bei Kindern), Mellonitikos, 2021
Kathrin Borghoff: So feinfühlig und so stark*: Wie Eltern sensible und hochsensible Kinder in Schule und Kindergarten unterstützen können, Beltz, 2022
Pluess, M. et al., «Environmental sensitivity in childern: Development of the Highly Sensitive Child Scale and identification of sensitivity groups» Developmental Psychology, 54, 2018
Slagt, M., et al., «Differences in sensitivity to parenting depending on child temperament: A meta–analysis» Psychological Bulletin, 142, 2016
Goni Boller ist Mentorin und Coach für Mütter, die einen gelasseneren und klareren Umgang mit ihren bedürfnisstarken und vielseitigen Kindern finden möchten. Sie unterstützt Eltern dabei, herausfordernde Situationen besser zu meistern, mehr Ruhe und Sicherheit im Familienalltag zu gewinnen und die Bedürfnisse aller Familienmitglieder im Blick zu behalten. Mit ihrem Wissen aus Hirnforschung, Neurodiversität, Psychologie und der kindlichen Entwicklung begleitet sie Mütter auf ihrem individuellen Weg, ein achtsames und stärkendes Familienleben zu gestalten.