Kennst du den Gedanken «mein Kind bringt mich zum ausrasten»? Ich kenne ihn und ganz ganz viele andere Eltern ebenso.

Besonders, wenn wir uns vorgenommen haben liebevoll und empathisch mit unseren Kindern umzugehen, dann wollen wir das eigentlich gar nicht denken.

Sanja hat sich vorgenommen Staub zu saugen, die Wäsche zu erledigen und die Badezimmer zu putzen. Sie kommt kaum vorwärts, denn ihre 3-jährige Tochter Mila braucht dauernd etwas von ihr. Dann ist gleich schon der grössere Sohn zurück aus dem Kindergarten und das Essen ist noch nicht fertig. Die Nacht war durchzogen von wachen Kindern und kreisenden Gedanken.

Nun endlich ist die Kleine für den Mittagsschlaf weggedämmert und der grosser Bruder Loan spielt mit Bauklötzen. Super. Los gehts – Abwasch, Wäsche machen, kurz durchwischen, Brot backen fürs Abendessen – Sanja ist guter Dinge.

Kaum nimmt sie den ersten Teller in die Hand hört sie Mila laut aufschreien und dann Loan rufen: “Ich hab nichts gemacht!” Tanja läuft ins Kinderzimmer, wo die Kleine weint und einige der Bauklötze in ihrem im Bettchen liegen.

Mein Kind bringt mich zum Ausrasten

Sanja schimpft laut mit Loan und schickt in aus dem Zimmer. Mila weint nun noch lauter und Sanja schafft es kaum sie zu beruhigen. Sie ist völlig ausser sich und so wütend über Loan. Sie hört ihn aus dem Wohnzimmer weinen und Dinge rumwerfen.

Auch Sanja möchte am liebsten weinen oder schreien oder weggehen. Sie weiss, dass ihre Reaktion die Situation nicht verbessert hat.

Doch was mache ich, wenn mich mein Kind zum ausrasten bringt?

Mein Kind bringt mich zum ausrasten

Sanja hat schon so viel gelesen über bedürfnis- und bindungsorientierte Begleitung von Kindern. Sie hat sich mit gewaltfreier Kommunikation auseinandergesetzt.

Gerne wäre sie auf beide Kinder eingegangen, hätte versucht herauszufinden, was eigentlich passiert ist und was die Bedürfnisse der beiden sind. Sie wollte empathisch sein und Unterstützung bieten darin, dass ihre Kinder eine gute Regulation ihrer Impulse und Emotionen lernen können.

Doch in der Umsetzung ist das gar nicht so einfach. Kennst du das vielleicht auch, dass du dir schwer tust, dein Wissen in der Praxis umzusetzen?

Viele Eltern unserer Generation haben selbst keinen produktiven Umgang mit ihrer Wut gelernt. Falls das ein Thema ist, welches dich anspricht, kannst du hier mehr Information und Tipps dazu finden: Endlich die unterdrückte Wut aus der Kindheit loswerden.

Wie hätte es aussehen können, wenn Sanja gelassen geblieben wäre in dieser Situation?

Notfallplan für Mütter

Gelassen bleiben mit meinen Kindern

Gelassen bleiben mit Kindern

Dass laut werden und schimpfen nichts bringt, ist heute vielen Eltern klar. Doch dieses Wissen alleine scheint nicht zu genügen, um einen wertschätzenden und bedürfnisorientierten Umgang mit der Familie auch wirklich umzusetzen.

Verschiedenste Faktoren beeinflussen, ob und wie gut wir mit unseren Kindern gelassen bleiben können:

  • Hast du gut geschlafen?
  • Hat dein Kind genügend geschlafen? Ist es satt?
  • Belasten dich Themen aus Job, Finanzen, Beziehungen, usw.?
  • Wie gut kennst du dich mit Kindlicher Entwicklung aus? Kann dein Kind wirklich schon, was du von ihm erwartest?
  • Bringst du ungünstige Prägungen aus deiner Kindheit mit?
  • Hatte dein Kind einen anstrengenden Tag und musste es viel kooperieren?
  • Hast du selbst gelernt deine Gefühle zu regulieren?
  • Kennst du deine Bedürfnisse, deine Werte und deine Grenzen?

Kaum je ist es nur eine Stellschraube, an der du drehen könntest, damit dich dein Kind nicht mehr zum Ausrasten bringt.

Falls du dir Unterstützung dabei wünschst, eure Stellschrauben zu finden und daran etwas zu verändern, dann melde dich gerne bei mir: goni@mamaleicht.ch. Wir finden gemeinsam heraus, wie ich dich bestmöglich unterstützen kann.

Eine Veränderung ist ein Prozess, der bei jeder:m unterschiedlich lange dauern kann. Feiere jeden kleinen Erfolg. Über jeden Moment, wo es gelingt gelassen zu bleiben mit deinem Kind. Jedes mal, wo du nicht mehr denkst «mein Kind bringt mich zum Ausrasten.»

Und was, wenn du schon ausgerastet bist?

Dann schenke dir selbst erst mal viel Mitgefühl. Das ist ok. Du bist gut, so wie du bist!

Das ist mir ein grosses Anliegen! Sei bitte nicht so streng mit dir selbst, sondern schenke dir Mitgefühl.

Jedes Mal, wo du laut geworden bist, geschimpft hast, im Konflikt nicht konstruktiv reagiert hast oder ausgerastet bist, ist eine wunderbare Chance!

«So ein Blödsinn!» Denkst du dir vielleicht gerade. Wenn immer alles ruhig, gelassen und reibungslos verläuft, woher soll dein Kind dann lernen

  • wie es sich entschuldigen kann?
  • wie es möglich ist nach einem Donnerwetter wieder runterzukommen?
  • dass es ok ist, Fehler zu machen?
  • dass auch die Eltern gar nicht perfekt sind?

Ausserdem glaube ich persönlich nicht, dass es möglich ist einer Familie ohne Reibung oder Konflikte zusammen zu leben.

Beim Kind entschuldigen

Daher hast du bei jedem Mal wo es zu einer Explosion kommt die Möglichkeit deinen Kindern vorzuleben, wie man damit umgehen kann.

Natürlich ist es noch schöner, wenn es gelingt gelassen zu bleiben mit deinem Kind. Dazu möchte ich gerne alternative Möglichkeiten zu dem Gedanke «mein Kind bringt mich zum Ausrasten» mit dir teilen. Denn diese können bewirken, dass es gar nicht so weit kommt.

Alternative Gedanken zu «mein Kind bringt mich zum Ausrasten»

Bestimmt hast du schon mal gelesen, dass unsere Kinder nur der Auslöser, jedoch nicht die Ursache für unseren Ärger sind. Darum finde ich es sehr hilfreich alternative Gedanken zu finden, was denn sonst los sein könnte.

Wenn du in einer stressigen Situation denkst: «Jetzt bringt mich mein Kind schon wieder zum ausrasten», so wird das wohl passieren und dein Fokus liegt auf dem Kind. Besser ist es, meiner Erfahrung nach, den Fokus auf eine Handlungsalternative oder die tatsächliche Ursache zu legen.

Kennst du die Ursache, dann kannst du dir sagen:

  • «Ist mein Kind satt, bin ich satt?»
  • «Ich merke, wie ich gerade total wütend werde. Wahrscheinlich wurde wieder eine meiner Grenzen verletzt und ich habe es zu spät gemerkt.»
  • «So sehr wie mich diese Aussage meines Kindes gerade triggert, habe ich heute wohl meine Bedürfnisse zu wenig beachtet.»
  • «Ich werde meinen Mann heute Abend bitten die Kinder ins Bett zu bringen, damit ich eine Runde joggen (oder in Ruhe ein Glas Wein trinken und Chillen) kann. So werde ich meine Batterien wieder auffüllen können.»

Kennst du die Ursache deines Ärgers und was dich zum Ausrasten bringt? Möchtest du mehr Gelassenheit und Leichtigkeit in deine Elternschaft bringen? Dann möchte ich dir gerne den Online Kurs «starke Nerven für Mama» ans Herz legen.

Nun geht es weiter mit den Tipps. Viel Freude wünsche ich dir damit.

Öfter gelassen bleiben mit Kindern – die Tipps

1. Kreative Ablenkungsmanöver

Statt zu sagen: “Hör auf Steine ins Haus zu werfen.”, versuche es mit: “Triffst du mit deinen Steinen auch in diesen Eimer?”

Kinder tun sich schwer damit, wenn sie einfach ein “Nein” hören. Sie wissen dann vielleicht nicht was sie stattdessen tun sollen und ärgern sich.

Auch ist es so, dass wir Menschen besser darauf reagieren, wenn wir hören, was wir tun sollen, als was wir nicht tun sollen. Das hat damit zu tun, dass wir uns Dinge bildlich vorstellen.

Wenn du sagst: «Nicht in die Pfütze treten!» sieht das Kind das Bild vor sich, wie es in die Pfütze tritt. So wird es noch schwieriger, es nicht zu tun. Sagst du hingegen: «Kannst du hier auch aussen rumgehen?» stellt sich dein Kind vor, wie es vorbei geht. So besteht eine Chance, dass es dies auch tatsächlich tut.

Einfacher machst du es dir als Mama also, wenn du statt “Nein” eine kreative (oder auch völlig plumpe) Alternative anbietest.

Sogar bei uns Erwachsenen funktioniert dies noch.

2. Wettstreit

Wettlauf gegen Kind

Statt dein Kind anzutreiben (ich glaube je mehr wir sie antreiben, desto langsamer werden sie), fordere es zu einem Wettstreit an. Zum Beispiel: “Wetten ich habe meine Jacke schneller an als du.”

Das ist nur zwischen Erwachsenem und Kind zu empfehlen. Wettkämpfe zwischen Geschwistern können die Konflikte noch weiter anheizen.

3. Ich kanns auch nicht besser

Statt zu kritisieren, erzähle eine Anekdote. Dir ist bestimmt auch schon mal ein ähnliches Missgeschick passiert oder du kennst jemanden, dem das passiert ist? Dann erzähle davon, statt dein Kind zu kritisieren.

Wenn sein Glas Wasser ausgekippt ist und der komplette Tisch unter Wasser gesetzt ist, kannst du sagen: “Oh ja, ich bin mal mit einem Glas Traubensaft in der Hand (eigentlich war es Glühwein) über den Couchtisch gefallen, die Wand hatte danach für immer rote Flecken und ich habe bei der Wohnungsübergabe dafür Ärger gekriegt.» (Ja, das ist mir tatsächlich passiert).

4. Was würde denn dein Kind machen?

Glaubst du, du müsstest für alles eine Lösung haben? Das ist eine ganz schön grosse Erwartung an dich selbst.

Frage doch mal dein Kind, was es in deiner Situation tun würde und sei offen für die Antwort.

Auch wenn ihr dabei seid euch für einen Ausflug bereit zu machen und dein Kind total abgelenkt ist, kann diese Taktik funktionieren. Frage dazu dein Kind, was alles noch gemacht werden muss, bevor ihr losfahren könnt.

5. Es funktioniert sowieso nicht so, wie du es dir vorgenommen hast

Statt dich darüber zu ärgern, dass es anders läuft, als du es möchtest, nimm es an und “go with the flow”. Es bringt nichts, dich darüber zu ärgern, wenn deine Pläne über den Haufen geworfen wurden. Ändern wird das an der Situation nichts.

Jedoch wird es entspannter werden, wenn du dich der Situation hingibst und von hier aus weiter schaust.

Zusätzlich lohnt es sich zu überlegen, was beim nächsten Mal helfen könnte, damit es anders läuft. Das mache ich persönlich beim Journaling total oft. Ich überlege Abends eine Situation, die nicht gut gelaufen ist und suche nach Möglichkeiten, dies beim nächsten Mal in eine andere Richtung zu steuern.

6. Übertreibe schamlos

Statt zu sagen ”Verschütte nicht dein Wasser!”, sage “Rasch, hol dein Schwimmzeug, hier steht ja alles unter Wasser.

Das funktioniert bei ganz kleinen Kindern noch nicht unbedingt oder bewirkt sogar das Gegenteil und dein Kind will noch mehr Wasser verschütten.

7. “Kinder kann man nicht erziehen, sie schauen dir sowieso alles ab.”

Die wichtigsten deiner Werte wird dein Kind automatisch übernehmen, wenn du es lässt. Denn du lebst ihm täglich vor, wie es geht.

Wenn du dich immer entschuldigst, teilst, bitte und danke sagst, wird dein Kind dies eines Tages auch tun.

Bist du genervt, versuch es mit einem Satz wie: “Du hast wahrscheinlich auch gemerkt, dass ich gerade ziemlich genervt war. Das ist auch ok und das dürfen wir auch sein. Doch ich hätte trotzdem nicht laut werden sollen, das tut mir leid.”

8. Werde zum Dichter

Statt dich zu ärgern, singe oder dichte. Wenn die Situation angespannt ist und du oder dein Kind wütend sind.

Versuche die Situation in ein Lied zu verpacken oder erfinde ein Gedicht dazu. Dein Kind kann mithelfen beim Reimen und schon ist es wieder ruhiger.

9. Gemeinsam bewegen zum gelassen bleiben mit Kindern

Bewegung kann helfen den Ärger loszuwerden. Wenn du merkst, dass die Situation angespannt wird, dann beginne dich mit deinem Kind zusammen zu schütteln oder macht Hampelmänner.

Wenn ihr euch bei der Aktivität berührt, dann wirkt es noch besser. Denn Bewegung baut Stresshormone ab und Kuscheln auch.

Oder geht nach Draussen. Frische Luft, Natur und Bewegung bringen wieder mehr Ruhe und Gelassenheit ins System.

10. Wie möchtest du dich fühlen?

Überlege dir im Voraus, wie du dich in einer stressigen Situation gerne fühlen möchtest. Verinnerliche oder verankere dies, damit du es dann zur Hand hast.

Auch dazu nutze ich das Journaling. Schreibe dir am Vorabend oder am Morgen (mit meinen Frühaufstehern schaffe ich morgens kein Journaling) auf, wie du dich gerne fühlen möchtest in einer bestimmten Situation. Wo im Körper spürst du es? Wie fühlt sich das an?

Zusätzlich kannst du dir ein Bild überlegen; statt einer Bombe, sei ein starker Baum. Unser Kopf ist sehr kreativ und arbeitet gerne mit Bildern. Wenn du weisst, wie du dich in einer bestimmten Situation fühlen möchtest, dann stelle dir ein Bild dazu vor.

Du könntest beispielsweise ein starker Baum sein, wenn dein Kind einen Wutanfall hat. Dir fallen bestimmt schöne Bilder dazu ein.

11. Beruhige dein System

Wenn du ruhiger wirst, dann beruhigt sich oft auch die Situation und das Kind, wenn es noch nicht völlig im Notmodus gelandet ist.

Hast du schon Techniken, wie du dich beruhigen kannst? Tief ausatmen? 10 grüne Dinge im Raum suchen (das tue ich)? Dich fragen, was du gerade hören kannst (ausser dem schreienden Kind)?

Sobald du in deinem Körper fühlst, dass du dich nervst und gestresst wirst, kannst du damit beginnen. Stell dir vor dem Bauch sei ein Ballon und bei der Ausatmung möchtest du diesen völlig entleeren. Das ist ebenfalls eine Technik, die ich persönlich nutze.

Das Problem ist, wenn wir gestresst sind, fällen wir schlechtere Entscheidungen und können unser Verhalten nicht mehr gut steuern. Ziemlich doof im Umgang mit Kindern, denn sie können beides noch schlechter als wir.

Unterstützung, wie es gelingen kann ruhig zu bleiben findest du in meinem kleinen eBook.

12. Flüstern

Flüstern statt laut werden

Statt laut zu werden, werde leise.

13. Eierwecker

Lass den Wecker die Kinder motivieren, wenn sie sich bereit machen sollen. Stelle eine Eieruhr auf 10 oder 15 Minuten.

So können die Kinder mitverfolgen, wie die Zeit runterläuft (Kinder haben noch kein gutes Zeitgefühl) und der Wecker ist “Schuld”, wenn das Spiel vorbei ist, nicht die Mama.

14. Streiche “sofort” aus deinem Vokabular

Etwas sofort tun zu müssen, ist für Kinder schwierig. Versuche sie vorher schon mit einzubeziehen und nie plötzlich etwas erwarten.

Kinder aus ihrem Spiel zu reissen ist für sie unangenehm, was es auch für dich unangenehm macht. Und oft ist es auch gar nicht wichtig, dass etwas sofort geschieht.

15. Ehrlichkeit

Statt alles irgendwie in ein gutes Licht zu rücken, sei einfach ehrlich. Kinder mögen Ehrlichkeit und spüren, wenn du es nicht bist. Das bringt sie durcheinander und so ist dies meist kontraproduktiv.

Du brauchst also nicht dauernd Geschichten zu erfinden, um deine Kinder zu motivieren. Die Wahrheit kann manchmal Wunder bewirken.

Viele weitere solche Anregungen findest du in guten Elternratgebern, wie in «Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn.«* oder du besprichst deine persönlichen Herausforderungen mit einem Coach. Mich kannst du unter goni@mamaleicht.ch erreichen. Ich freue mich über Post von dir.