«Das kann ich sowieso nicht, ich bin halt eine Niete im Rechnen.» Sanja zieht es innerlich alles zusammen, als ihr 8-jähriger Neffe Noah das Schulheft vor ihr zu verstecken versucht. Sie wollte doch nur interessiert schauen, wie weit der Junge schon in der Schule ist. Doch wie ist es möglich das Selbstbewusstsein von Kindern zu stärken, damit es gar nie zu solchen Gedanken kommt?
Wir alle möchten, dass unsere Kinder ein gutes Selbstbewusstsein und einen hohen Selbstwert erlangen können.
Ich selbst hatte jahrelang mit einem niedrigen Selbstwertgefühl zu kämpfen. Es hielt mich davon ab, für mich einzustehen, es stand mir bei wichtigen Entscheidungen im Weg und nur mit grossen Aufand war es mir möglich meine Selbstwahrnehmung zu verändern.
In diesem Artikel
Selbstbewusstsein, Selbstwert und Selbstvertrauen
In diesem Artikel soll es darum gehen das Selbstbewusstsein von Kindern zu stärken. Doch oft werden Selbstbewusstsein, Selbstwert und Selbstvertrauen umgangssprachlich für dieselbe Eigenschaft verwendet.
Selbstbewusstsein ist das Bewusstsein um unser Selbst. Dies beinhaltet wie gut jemand sich selbst kennt, wie er seine Stärken und Schwächen einschätzen kann und seine Bedürfnisse kennt. Auch kann er seine Gedanken und Gefühle erkennen, sowie auch einordnen und regulieren.
Der Selbstwert oder das Selbstwertgefühl beschreiben für wie wertvoll sich eine Person hält. Ist dieser zu niedrig, so glauben wir, wir wären keine Bereicherung für andere Menschen.
Wie viel wir uns selbst zutrauen wird Selbstvertrauen genannt. Mit einem guten Selbstvertrauen, glauben wir an die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Ein gutes Selbstbewusstsein ist meist die Grundlage für einen hohen Selbstwert und ein gutes Selbstvertrauen. Wahrscheinlich ist ein Teil dieser Eigenschaften angeboren und ein Teil erwerben wir im Laufe unserer Kindheit.
Keine Angst, wenn du ein eher geringes Selbstbewusstsein, einen schlechtes Selbstwertgefühl oder ein schwaches Selbstvertrauen hast. All dies kann gelernt werden. Eine wunderbare Chance dazu bieten deine Kinder – stärke doch gemeinsam mit ihnen dein eigenes Selbstbewusstsein.
In diesem Artikel werde ich davon schreiben, wie das Selbstbewusstsein der Kinder gestärkt werden kann. Dabei wird dieser Begriff immer auch ein bisschen Selbstwert und Selbstvertrauen beinhalten, so wie es umgangssprachlich üblich ist.
Selbstbewusstsein stärken bei Kindern – 7 Experten-Tipps
Tipp 1 Bindung
Eine sichere Bindung bildet die wichtigste Grundlage, damit dein Kind ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln kann.
Versuche dazu mit deinem Kind in Beziehung zu bleiben, auch wenn es sich anders verhält, als du es dir wünschst.
Tipp 2 Da sein und Zuhören
Wenn das Kind erkennt, dass immer jemand da ist, wenn es sich austauschen möchte oder Nähe braucht, kann es sich viel mehr öffnen. Durch das formulieren seiner Bedürfnisse lernt es sich selbst besser kennen.
Sei da, wenn dein Kind zu dir kommen möchte und habe ein offenes Ohr. Zwinge es jedoch zu nichts. Möchte es nicht reden, dann akzeptiere auch das.
Tipp 3 Bedingungslose Liebe
Das Kind lernt, dass es geliebt wird, auch wenn es Schwächen hat und ihm Missgeschicke passieren. Das erlaubt es ihm sich selbst mit all seinen Stärken und Schwächen anzunehmen. Das Kind erkennt – ich bin ok, so wie ich bin.
Zeige deinem Kind deine Liebe. Verzichte auf Liebesentzug, Ignorieren und Strafen (vor allem solche, wo das Kind weg muss). Hast du einen schlechten Tag oder ist es dir nicht gelungen, deine Liebe zu zeigen, dann erkläre es deinem Kind.
Wenn du selbst keine bedingungslose Liebe erlebt hast, kann dir dies schwer fallen. Ich habe im Coaching sehr gute Erfahrungen gemacht, dafür Strategien zu entwickeln. Melde dich bei mir für einen unverbindlichen Termin unter goni@mamaleicht.ch
Tipp 4 Autonomie
Kinder brauchen Autonomie, um sich selbst besser kennenzulernen. Wenn wir ihnen ständig die Welt erklären, bleibt zu wenig Raum für sich selbst. Unsere Kinder sind von anfang an eigenständige Personen, deren Werte und Bedürfnisse sich von unseren unterscheiden können.
Trau deinem Kind viel zu, lass es ausprobieren und sei da zum auffangen, falls etwas nicht gelingt. Unterstütze es, wenn es ängstlich ist, aber dränge es nicht.
Wenn Kinder die Chance haben selbst auszuprobieren und auch Fehler zu machen, so stärkt dies ihr Gefühl für ihre Fähigkeiten und Grenzen, sowie damit auch ihr Selbstbewusstsein. Was uns zum nächsten Tipp bringt.
Tipp 5 Verantwortung übergeben
Kinder lieben es, wenn sie Verantwortung übernehmen können. Sie werden so gefordert und haben die Möglichkeit zu zeigen, was sie alles schon selbst hinbekommen.
Wenn sie auch mal an ihre Grenzen kommen, lernen sie diese kennen und können erkennen, wie man mit Missgeschicken umgehen kann.
Verantwortung kann zum Beispiel durch Aufgaben in der Familie übergeben werden. Auch hat das Kind Mitspacherecht in der Familie.
Wichtig dabei ist, die Verantwortung wirklich abzugeben und nicht am Ergebnis herumzumäkeln. Wenn du nicht bereit bist, die Verantwortung wirklich abzugeben, dann sucht einen anderen Bereich, wo dir das besser gelingt.
Tipp 6 Gemeinsam dran bleiben
Gelingt etwas nicht auf Anhieb kann das frustrierend sein. Eltern möchten dann gerne unterstützen und helfen manchmal etwas viel. Maria Montessori hat den Leitspruch in die Welt gebracht: «Hilf mir, es selbst zu tun.»
Unterstütze dein Kind dabei dran zu bleiben. Frage es, ob es deine Hilfe möchte. Zeige ihm verschiedene Wege und erkläre, dass Übung den Meister macht und es sich lohnt dran zu bleiben.
Und widerstehe dabei dem Bedürfnis, die Dinge für dein Kind zu erledigen. Klar würde das viel schneller gehen, doch darum geht es gar nicht.
Wenn Kindern zu oft Dinge abgenommen werden, so kann sich dies negativ auf ihr Selbstbewusstsein auswirken, statt es zu stärken. Denn sie können den Eindruck bekommen, dass sie es selbst nicht oder nicht so gut hinbekommen.
Tipp 7 Gemeinsam reflektieren statt Lob
«Gut gemacht.», «Das ist aber ein schönes Bild.», «Kannst du toll klettern.» Solche Aussagen sind zwar nett gemeint, doch bringen sie dem Kind nichts. Das kann sogar eher kontraproduktiv sein, weil Kinder dann erwarten, dass wir sei loben, wann immer wie irgendwas tun.
Reflektiere stattdessen mit deinem Kind,
- was genau es gut gemacht hat: «Ich war ganz beeindruckt, wie rasch du die beste Route auf den Baum gefunden hast.»
- welche Stärken es hat: «Mit deinen kreativen Ideen konntest du der ganzen Familie die Wartezeit erleichtern.»
- wie es mit seinen Stärken mögliche Schwächen (die es belasten, sonst würde ich darauf gar nicht eingehen) wett machen: «Du bist total beweglich, dadurch gelingt es dir auch auf den Baum zu kommen, obschon du kleiner bist als dein Bruder.»
Oder gib ihm die Rückmeldung, was du erkannt hast: «Ich merke, dass du kritisch mit dir selbst warst.» oder «Ich habe das Gefühl es macht dich traurig, dass dir das Bild nicht so gelungen ist, wie du es dir vorgestellt hast.»
Selbstbewusstsein stärken beginnt bei dir
Weil ich davon überzeugt bin, dass der Weg unsere Kinder in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, bei uns selbst beginnt, möchte ich meinen Weg hier mit dir teilen.
Dem Kind beim Anziehen helfen, Frühstück machen, spielen, trösten, Kind zum Kindergarten begleiten, Wäsche waschen, kochen, bei den Hausaufgaben helfen, Wut des Kindes darüber aushalten, dass seine Medienzeit schon durch ist, gemeinsame Lösungen finden und beim Einschlafen begleiten.
Das kann doch jede. Dazu braucht es doch nicht viel. Das geht noch besser. Ich wollte doch eigentlich noch ein Brot backen und habs wieder nicht geschafft. Die anderen Mamas scheinen viel mehr Spass zu haben als ich. Die anderen Kinder sind braver.
Kennst du solche Gedanken auch?
Ich erlebte diese als ich frisch Mutter geworden bin. Obschon ich vorher ganz zufrieden war mit meinem Selbstbewusstsein.
Für viele Frauen ist das Selbstvertrauen, der Selbstwert und das Selbstbewusstsein immer wieder ein grosses Thema. Als Mama bekommt dieses Thema nochmals eine völlig neue Wichtigkeit. Gleichzeitig sinkt das Selbstvertrauen, wenn Frauen Mütter werden.
Was bringt dir mehr Selbstbewusstsein?
- du bist ein wunderbares Vorbild für deine Kinder
- du kannst Kritik aus dem Umfeld besser aushalten
- und auch etwas dagegenhalten
- du vergleichst dich weniger mit anderen
- du bist geduldiger mit deinen Kindern
- du schaffst es dir mehr Zeit für dich selbst im Alltag zu gönnen
- du weisst, wie viel du leistest und bist nicht auf Bestätigung von aussen angewiesen
Deine Stärken, Fähigkeiten und Gaben
Wie bewusst bist du dir deiner Stärken, deiner Fähigkeiten und deiner Gaben?
Ich selbst habe vieles davon lange gar nicht gesehen. Ich habe angenommen, dass dies “normale” Eigenschaften sind und dass jede andere Mama das mindestens genauso gut kann. Als ich mich damit begann auseinanderzusetzen, erfuhr ich, wie viele Dinge ich überdurchschnittlich gut kann, anders mache oder gerne tue.
Ein wundervolles Gefühl!
Wie alle sind so unterschiedlich, einzigartig und wertvoll. Jede Mama bringt ein unterschiedliches Paket an Eigenschaften, Stärken und Gaben mit. So gibt es für jeden von uns Dinge, die kein anderer genau so machen könnte oder möchte.
Du kannst so viel und hast Ideen, die andere nicht haben. Mit diesen Dingen kannst du dein Leben, deine Familie und dein sonstiges Umfeld bereichern.
Wenn du dich deiner Stärken, Fähigkeiten und Gaben bewusst bist, so kann dein Kind dies bei dir abschauen. Denn eine ganz wichtige Kraft dabei, das Selbstbewusstsein von Kindern zu stärken, sind seine Vorbilder. Kannst du vorleben, wie ein selbstbewusster Umgang mit dir funktioniert, so kann dein Kind dies besser übernehmen und in sein Leben integrieren.
In drei Schritten dein eigenes Selbstbewusstsein stärken
1. Schritt: Bewusst werden deiner Eigenschaften zum Selbstvertrauen vergrössern als Mama
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um sich seiner Fähigkeiten wieder bewusster zu werden. Ich führe ein Fähigkeitenbüchlein. Dieses trage ich immer mit mir herum und notiere alles, was mir dazu einfällt. Ich habe meine Fähigkeiten, Stärken und Gaben in Kategorien aufgeteilt. So gibt es zum Beispiel eine Doppelseite mit Stichworten, was mich zu einer liebevollen Mutter macht, eine zur Empathie, zum Mut, zum Krisenmanagement usw.
Dabei brauchst du dich nicht etwa auf deine Fähigkeiten als Mama beschränken. Notiere alles, was dir auffällt.
Beginne auch du mit einem System, deine Fähigkeiten, Gaben und Stärken. So wirst du im täglichen Leben achtsamer und es fallen dir immer noch weitere Dinge auf. Das stärkt dein Selbstbewusstsein und dein Selbstvertrauen.
Nimm dir ein Notizbüchlein oder ein grosses Blatt Papier und beginne deine Fähigkeiten darzustellen. Vielleicht kannst du eine Doppelseite machen für jeder deiner Werte auf der Liste vom ersten Tag. Statt eines Notizbüchleins klappt das natürlich auch, wenn du Notizen im Handy speicherst. Du könntest auch eine Collage basteln oder eine Art Mindmap aufzeichnen. Vielleicht hat das auch in deinem Bullet Journal platz.
Betrachte diese Übung dann nicht als abgeschlossen, sondern ergänze laufend neu entdeckte Fähigkeiten darauf. Am nachhaltigsten kannst du dein Selbstvertrauen vergrössern, indem du dich regelmässig damit auseinandersetzt.
Gerne unterstütze ich dich in einem persönlichen Coaching dabei, deine ganz persönliche Strategie zu entwickeln, wie du dein Selbstbewusstsein stärken kannst. Melde dich unverbindlich bei mir: goni@mamaleicht.ch
2. Schritt: Sei stolz, freue dich und nimm Komplimente an
«Finde ich toll, wie entspannt du bleibst, wenn sich der Kleine völlig verdreckt beim Spielen.»
Was wäre eine gute Antwort darauf?
Vielleicht folgendes: «Danke. Ich sehe ihm gerne zu, wenn er so viel Spass hat beim Spielen.»
Doch meist kommt dann eher so was wie: «Ach, ich muss heute sowieso noch waschen.» oder «Wenn ich das zu verhindern versuche, gibt es nur wieder Knatsch.»
Schade eigentlich. Denn gerade hast du ein Kompliment bekommen. Du bist gut darin entspannt zu bleiben. Wow! Das ist als Mama Gold wert. Schreibe das sofort in dein Fähigkeitenbüchlein oder auf deinen virtuellen Notizzettel im Smartphone.
Freue dich über Komplimente und nimm sie dankend an. Du hast es verdient.
Vielleicht kannst du dir sogar selbst Komplimente dafür machen, was du alles so leistest jeden Tag. Dafür, dass das Kind angezogen und mit vollem Magen im Kindergarten gelandet ist. Dafür, dass die Wäsche fertig ist und du frisch kochst. Oder dafür, dass du dir Zeit für dich genommen hast, die Wäsche hast liegen lassen und du eine Fertig-Pizza in den Ofen schiebst.
3. Schritt: Gaben einsetzen und Gutes tun
Vielleicht malst du gut und kannst mit kleinen Kritzelzeichnungen deinen Kindern ein lächeln ins Gesicht zaubern.
Kannst du gut kochen? Dann geniesse, wie du dich kreativ ausleben kannst dabei. Probiere öfter mal etwas aus und freue dich über das leckere Essen. Gerade wenn deine Kinder nicht die besten Esser sind, kannst du vielleicht Gerichte ausprobieren, die alle mögen.
Wenn du besonders gut zuhören kannst, ist das für deine Kinder wunderbar. Zusätzlich können ganz viele andere Mamas ein offenes Ohr gebrauchen. Nutze die Fähigkeit, um anderen zu helfen.
Bist du sehr ordentlich? So könntest du deinen chaotischen Freunden zeigen, wie man systematisch entrümpelt und dann trotz Kindern und vielen Spielsachen ein überschaubares Durcheinander zaubern kann.
Es gibt ganz ganz viele Möglichkeiten, wie du deine Stärken einsetzen kannst. Oft genügt es auch, wenn du dich ganz einfach selbst darüber freust. Male dir etwas schönes, Koche dir ein leckeres Menü, schreibe ein Tagebuch und sei so dein eigener Zuhörer oder miste den Keller wieder mal aus.
Zusatztipps
- Sport: Bewegung, die dir Spass macht verlüftet den Kopf und schüttet Glückshormone aus. Auch produzierst du so ein besseres Gefühl für dich selbst.
- Information: Wenn du dich unsicher fühlst, welches die richtigen Entscheidungen für deine Kinder sind und wie du am liebsten erziehen möchtest, dann hole dir Information. Am besten suchst du verschiedene Information in Büchern, in Blogs, Podcasts oder YouTube Videos zusammen. Wäge die Information gegeneinander ab und suche dir raus, was dir gefällt. So kannst du für dich passende Wege finden und dank der Hintergrundinformationen gegen aussen voller Selbstvertrauen dazu stehen.
- Vergleiche vermeiden: Die meisten Insta-Mamas posten nur ihre allerschönsten Momente. Würden deine allerschönsten Momente nicht sogar noch toller aussehen? Sie haben mit genau denselben Schwierigkeiten zu kämpfen und vielleicht noch mehr, wenn sie immer nur das Schöne zeigen und den Rest verheimlichen?
Goni Boller ist Mama Coach und Mentorin für Mütter, die sich mehr Gelassenheit und Freude im Familienalltag wünschen. Sie unterstützt mit ihrem Coaching, ihren Programmen und Seminaren Eltern, die mit ihren Kindern liebevoll und auf Augenhöhe umgehen möchten. Sie unterstützt sie dabei, nicht mehr laut zu werden und einen konstruktiven Umgang mit ihrer Wut zu finden. Das Selbstbewusstsein wird gestärkt und die Bedürfnisse aller werden berücksichtig. Dabei teilt sie ihr geballtes Wissen aus der Hirnforschung, Psychologie und über die kindliche Entwicklung.