Es geht schon morgens beim Anziehen los, das Kind macht nicht mit, wirft sich auf dem Boden und packt dann die Kleider, um sie die Treppe runter zu werfen.
Phuuu.
Weiter geht es mit Gemotze am Frühstückstisch.
Trödeln beim Anziehen.
Langsam wird die Zeit knapp. Nun müssen wir wirklich los, sonst kommen wir zu spät! Doch dem Kind scheint das egal zu sein.
Die Nerven liegen blank.
Die Reaktionen sind nicht mehr pädagogisch wertvoll.
Dann sind wir wie auf Nadeln und wir beäugen jede Handlung des Kindes sehr kritisch, es kann uns nichts mehr recht machen.
Ist dir das auch schon passiert?
Das kann sich schon mal so anfühlen, als könntest du dein Kind nicht mehr ertragen.
Dabei liebst du es doch so sehr. Vielleicht schleicht sich darauf ein schlechtes Gewissen ein.
Damit bis du nicht alleine. Die meisten Eltern kennen Momente, wo sie ihre Kinder auf den Mond schiessen könnten.
Elternschaft kann eine Achterbahnfahrt sein. Zwischen der grössten je erlebten Liebe und einer noch nie da gewesenen Genervtheit.
Diese Ambivalenz der Gefühle auszuhalten ist für viele Eltern eine grosse Herausforderung. Hast du das auch schon erlebt?
Ich persönlich kenne auch solche Gefühle. Nicht nur im Umgang mit Kindern, sondern auch so ziemlich jeder anderen Person, mit der ich näher zu tun hatte.
Könnte es denn sein, dass solche Gefühle einfach nur menschlich und normal sind?
In diesem Artikel
In welchen Momenten denkst du: «Ich kann mein Kind nicht mehr ertragen»?
Viele Eltern schämen sich für solche Gedanken und/oder fühlen sich schuldig.
Geht es anderen Eltern auch so?
Oder sind die anderen Kinder vielleicht unkomplizierter?
Gerne möchten wir Eltern geduldig und gelassen mit unseren Kindern sein. Wir möchten sie möglichst liebevoll begleiten und ihnen geben, was sie brauchen. Wir möchten ihnen bedingungslose Liebe schenken und empathisch sein.
Doch wenn es wegen jeder Kleinigkeit kracht, dann klappt das einfach nicht.
Wusstest du, dass wir weniger feinfühlig sein können, wenn wir gestresst sind? Und ich bin ziemlich sicher, dass die meisten Eltern gestresst sind, wenn sie ihr Kind gerade nicht ertragen zu können.
Fehlt die Empathie können wir die Kinder nicht so gut begleiten, es gibt mehr Konflikte, die wir schwerer lösen können. Auch bricht eher die Verbindung zum Kind ab, wir erreichen es nicht mehr und es wird noch weniger kooperieren.
So rutschen wir in einen Teufelskreis, die Energie fehlt und das Verhalten des Kindes wird noch unerträglicher.
Praktischer Tipp:
Halte kurz inne und lausche in dich hinein. Am einfachsten klappt das in einem ruhigen Moment, zum Beispiel abends.
Was sagst du in den stressigen Momenten, wo du das Gefühl hast, dein Kind nicht mehr zu ertragen, zu dir selbst?
Wie gehst du mit dir um?
Bist du dir gegenüber feinfühlig oder vielleicht auch eher streng?
Kannst du dich selbst in solchen Momenten ertragen?
Vielleicht machst du dir Vorwürfe oder hast ein schlechtes Gewissen.
Es kann auch sein, dass du deinen Kindern die Schuld dafür gibst, dass du nun genervt bist. Denkst du in solchen Momenten, du dürftest nicht genervt sein und siehst es als Schwäche?
Schenke dir nun erst mal ganz viel Mitgefühl. Es ist ok.
Genervtsein ist voll ok
Genervtsein fühlt sich zwar doof an, ist aber völlig okay. Denn es hat eine wichtige Funktion.
Das Genervtsein informiert uns, dass etwas nicht in Ordnung ist und uns etwas stört. Es veranlasst uns dazu, etwas zu unternehmen.
Was sagt dir wohl dein Genervtsein?
Vielleicht hast du
- deinen Bedürfnissen zu wenig Beachtung geschenkt,
- viel zu viel um die Ohren und brauchst Unterstützung,
- deine Grenzen nicht gewahrt,
- hinderliche Glaubenssätze, die im Wege stehen.
Eine Mama hat im Coaching erkannt, dass sie jeweils dann genervt ist und das Gefühl hat, ihr Kind nicht mehr ertragen zu können, wenn sie sich unwichtig fühlt. Sie empfindet es so, als ob ihrer Familie egal ist, was sie denkt.
Nun spürt sie in solchen Situationen die Ohnmacht von damals, als sie sich als Kind unverstanden und unwichtig gefühlt hat.
Sie empfindet dann eine Mischung aus Traurigkeit, Wut und Verunsicherung. Kein Wunder, dass sie sich nicht mehr mit ihren Kindern verbunden fühlt.
In unserer Zusammenarbeit gelang es ihr, diese Empfindungen und Gedanken zu verändern. Dies hatte zur Folge, dass sie wieder in Verbindung gekommen ist und die Zeit mit ihrer Familie nun wieder geniessen kann.
Möchtest du auch die Ursachen deiner Genervtheit finden und verändern? Dann melde dich sehr gerne bei mir zu einem kostenlosen Kennenlerngespräch. Gemeinsam finden wir deine nächsten sinnvollen Schritte zu einer erfüllenderen Elternschaft.
Gründe für diese Genervtheit
- Unerfüllte Erwartungen: Wenn unsere Erwartungen enttäuscht werden, reagieren wir genervt. Wir tragen ein Vorstellung in uns, wie die Welt zu sein hat. Ist sie anders, dann tun wir uns damit schwer. Sind wir über unsere Kinder genervt, kann es sein, dass wir bestimmte Ansprüche an sie haben, welche sie nicht erfüllen.
- Überlastung: Du machst du viel, schläfst zu wenig, hast zu wenig Unterstützung und kommst nie zur Ruhe.
- Verletzte Werte: Wenn wir entgegen unserer wichtigsten Werte handeln oder andere unsere Werte verletzen, kann dies starke Ablehnung in uns auslösen.
- Alte Verletzungen: Erlebnisse und Erfahrungen aus der eigenen Kindheit, die noch geheilt werden möchten, haben einen grossen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Wenn dich bestimmte Situationen immer wieder triggern, könnte dahinter eine alte Wunde liegen.
- Überschrittene Grenzen: Werden unsere Grenzen überschritten, kann uns das ganz schön wütend machen. Dies geschieht oft, weil wir nie gelernt haben, wie wir diese erkennen und schützen können.
- Unerfüllte Bedürfnisse: Erfüllst du die Bedürfnisse aller Familienmitglieder, nur deine nicht, ist das ein riesiger Frust. Auch wenn du dich der Bedürfnisse anderer annimmst, so müssen sie im Gegenzug nicht auch deine Bedürfnisse erfüllen. Du bist ganz allein für die Erfüllung deiner Bedürfnisse zuständig.
- Unterdrückte Emotionen: Viele Eltern unserer Generation haben in ihrer Kindheit gelernt, ihre «negativen» Gefühle zu unterdrücken. Das kann uns heute zu schaffen machen, weil wir die entsprechenden Emotionen unserer Kinder nicht gut ertragen können und weil sich die Emotionen dann andere Wege suchen, um an die Oberfläche zu kommen.
Kinder können unsere Spiegel sein
Was denkst du, wenn dein Kind genervt ist?
“Jetzt hab dich nicht so, war doch gar nicht so schlimm.”
“So verhält man sich nicht, man soll nett sein mit den Mitmenschen.”
“Jetzt zickt doch nicht so rum, eh!”
Hast du schon mal so was zu deinem Kind gesagt oder dir einen solchen Satz gedacht?
Sagst du diesen Satz auch zu dir selbst, wenn du genervt bist?
Wieder in Beziehung mit deinem Kind kommen
Neben der Ursachenerkundung für deine Genervtheit, hilft es dir in dieser Situation am meisten, wenn du wieder in Beziehung zu deinem Kind kommen kannst.
Das ist nicht unbedingt einfach, denn du hast ja diese Gedanken und Gefühle, die gerade so präsent sind. Doch es lohnt sich. Denn auch wenn es sich vielleicht gerade nicht so anfühlt, so werdet ihr euch alle wieder besser fühlen.
Die Bindung wieder herzustellen sollte immer in der Verantwortung des Erwachsenen liegen, denn das kindliche Gehirn hat dazu noch gar nicht so viele Möglichkeiten.
Die folgenden Schritte und Ideen können dir dabei helfen:
1. Energie tanken, etwas für dich tun, Unterstützung holen
Wenn du nur noch genervt bist und dein Kind nicht mehr ertragen kannst, dann schau erst mal für dich, wenn möglich. Manchmal gibt es Situationen, da musst du für dein Kind da sein, auch wenn es kaum mehr geht.
Doch stelle dich schon darauf ein, dass du in der nächsten Möglichkeit etwas für dich tust und Energie tankst. Und schaffe generell viel früher in deinem Tag und deiner Woche Inseln für dein Wohlbefinden.
Denn wenn du nicht mehr kannst und nur noch genervt bist, kannst du auch weniger gut für die anderen da sein. Ganz zu schweigen davon, dass das kein tolles Gefühl ist.
Wenn du keine Fenster hast für Zeit für dich – dann hole dir Unterstützung!
2. Übe dich in Achtsamkeit
Präsent im akutellen Moment Sein – nicht an der Vergangenheit rumgrübeln und nicht ständig was planen – bringt viel Zufriedenheit und Gelassenheit in dein Leben.
Als Eltern haben wir so viel um die Ohren, dass es uns passieren kann, immer schon beim nächsten Schritt zu sein. Das erzeugt Stress und bewirkt, dass wir die Zeit mit den Kindern nicht richtig geniessen können.
Ganz im aktuellen Moment zu sein bringt Ruhe und Entspannung in deinen Tag.
3. Kuscheln, Raufen oder die Hand halten
Nähe schafft Bindung.
Bei körperlichen Berührungen schütten wir das «Kuschelhormon» Oxytocin aus. Es macht, dass wir uns verbundener fühlen und unterstützt unser Wohlbefinden.
4. Gute Absicht
Unterstellen wir unseren Kindern, dass sie uns bewusst herausfordern, so kann dies dazu führen, dass wir schneller genervt sind.
Hilfreicher (und richtiger) ist es, immer davon auszugehen, dass ein Kind für sich etwas positives erwirken möchte. Das Kind handelt nie gegen uns, sondern für sich.
Glaubst du, dein Kind teste deine Grenzen oder wolle einen Machtkampf mit dir austragen. Dann schaue noch etwas genauer hin. Welche Bedürfnisse deines Kindes könnten noch dahinter liegen?
5. Ehrlichkeit gibt Sicherheit
Das heisst aber nicht, dass du nicht genervt sein dürftest. Überhaupt nicht. Es bringt auch nichts, wenn du dein Genervt Sein verstecken möchtest, dein Kind spürt es sowieso*.
Ehrlichkeit stärkt eure Bindung indem es Sicherheit spendet.
Du kannst deinen Kindern sagen, dass du genervt bist – ohne einen Vorwurf zu machen. Denn deine Kinder sind nicht die Ursache deiner Genervtheit, sondern ein möglicher Auslöser.
Versteckst du diese Gefühle auch nicht vor dir selbst, sondern schaust etwas genauer hin, so kannst du viel daraus lernen.
6. Nimm dir Zeit
Eile führt zu Konflikten und «sofort» ist für Kinder schwierig.
Ihr Zeitgefühl ist noch nicht so gut. Plane genug Zeit ein und erinnere dein Kind mehrmals in regelmässigen Zeitabständen, dass es bald losgeht (zum Beispiel 5, 3 und 1 Minute vorher).
7. Eine klare Linie
Werde dir selbst darüber bewusst
- was deine Ziele sind
- wie du wahrgenommen werden möchtest
- was dir wichtig ist
- wo deine Grenzen sind
- was deine Bedürfnisse sind
Wenn du in dir selbst klar bist, dann kannst du auch klar gegen aussen kommunizieren. So gelingt es den Fokus auf die Dinge zu lenken, die dir wirklich wichtig sind und du vermeidest Konflikte wegen unwichtiger Gründe.
Gerne unterstütze ich dich dabei, diese Dinge für dich zu erarbeiten und in deinen Alltag zu integrieren. Melde dich bei mir zu einem unverbindlichen Kennenlerngespräch oder schreibe mir: goni@mamaleicht.ch.
8. Deinem Kind Vertrauen schenken
Schenke deinem Kind Vorschuss-Vertrauen.
Vertraue ihm, dass es
- mit dir kooperieren will, aber gerade nicht kann.
- sein bestes gibt.
- in einer Notsituation ist und nicht nur «so tut als ob».
- sich Mühe gibt.
9. Blickwechsel auf das Gute
Erstelle eine Liste, was dein Kind alles tolles getan hat heute. Schreibe dir jeden Tag 10 Dinge auf, die du an deinem Kind wundervoll fandest, die es hervorragend gelöst hat, wo du stolz warst und es mit dir kooperiert hat.
Denn ganz bestimmt gab es ganz viele solcher Momente, nur hast du diese übersehen, weil du so sehr auf die negativen Dinge konzentriert warst. Ändere deinen Blick auf das, was schon gut läuft. So ist es möglich entspannter auf die anderen Bereiche zu schauen.
Zusatztipp: Den Gedanken «ich kann mein Kind nicht mehr ertragen» ziehen lassen
Wenn du dich schon ein bisschen mit diesem Thema Gefühle auseinandergesetzt hast, dann hast du vielleicht schon gehört, dass diese meist nur durch dich hindurchfliessen, wenn du sie lässt, und dann weiterziehen.
Wenn nicht, findest du den Gedanken möglicherweise ungewohnt.
Gefühle bleiben vor allem so lange bei uns hängen, wenn wir sie versuchen wegzudrücken. Das klappt nicht und in diesem Fall das Genervt Sein bleibt bei uns, bis wir uns ihm zuwenden.
Die Schwierigkeit ist, dass viele von uns nicht gelernt haben unsere Gefühle fliessen zu lassen. Wir unterdrücken ganz viele Emotionen und so halten wir sie fest. Mir geht das nicht anders, auch ich habe mir das so angewöhnt und ich arbeite schon länger daran meine Emotionen zuzulassen.
Wie fast alles im Leben ist auch das Fliessen Lassen der Gefühle eine Übungssache. Das hilft dir nicht nur mit dem genervt sein, sondern mit allen Emotionen.
Diese Fähigkeit ist nicht nur super im Umgang mit deinen Kindern, sondern in jeder Lebenslage. Denn Emotionen gibt es immer. Dazu kannst du deinen Kindern so einen guten Umgang mit Gefühlen vorleben und sie werden dann hoffentlich als Erwachsene viel einfacher haben damit.
Lässt du den Gedanken «ich kann mein Kind nicht mehr ertragen» zu und schaust dahinter. Dann kannst du diesen auch viel leichter wieder ziehen lassen.
Bedanke dich für die Information, welche du von dem Gedanken und deinem Genervt Sein bekommen hast und schicke sie dann wieder los.
Goni Boller ist Mama Coach und Mentorin für Mütter, die sich mehr Gelassenheit und Freude im Familienalltag wünschen. Sie unterstützt mit ihrem Coaching, ihren Programmen und Seminaren Eltern, die mit ihren Kindern liebevoll und auf Augenhöhe umgehen möchten. Sie unterstützt sie dabei, nicht mehr laut zu werden und einen konstruktiven Umgang mit ihrer Wut zu finden. Das Selbstbewusstsein wird gestärkt und die Bedürfnisse aller werden berücksichtig. Dabei teilt sie ihr geballtes Wissen aus der Hirnforschung, Psychologie und über die kindliche Entwicklung.