Du stehst im Supermarkt, dein Kind an der Hand. Alles läuft gut, bis ihr an die Kasse kommt, wo die farbenfrohen Spielwaren und Süssigkeiten nur darauf warten, von kleinen Händen entdeckt zu werden. Plötzlich spürst du die Spannung in dir aufsteigen: Wird dein Kind jetzt nach etwas greifen? Wird es vielleicht anfangen zu quengeln oder sogar einen Wutanfall bekommen? Dein Herz schlägt schneller, und die Unsicherheit wächst.

Diese Sorge vor einem Konflikt kann dazu führen, dass wir unsere Kinder unbewusst kontrollieren möchten. Statt dem Kind die Freiheit zu lassen, sich zu entwickeln und zu lernen, neigen wir dazu, uns schon im Vorfeld Sorgen zu machen und in Gedanken das Schlimmste zu erwarten. Doch gerade dieser Mangel an Vertrauen in die Fähigkeiten unseres Kindes beeinflusst nicht nur unser eigenes Verhalten, sondern auch das Selbstvertrauen des Kindes.

In diesem Artikel möchte ich zeigen, wie wichtig es ist, dass wir unseren Kindern etwas zutrauen, um ihr Selbstvertrauen zu stärken – und wie wir als Eltern einen entspannteren Umgang mit schwierigen Situationen finden können.

Höre dir hier die Podcastfolge dazu an (Schweizerdeutsch):

https://open.spotify.com/episode/7dt2z6ns5WNOltBplGrqjd?si=WMIgIedUT6G0HY68qIPJmQ

Warum Vertrauen so entscheidend ist

Vertrauen ist eine Grundvoraussetzung für jede gesunde Beziehung. Wenn wir unseren Kindern Vertrauen schenken, geben wir ihnen nicht nur die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sondern auch die Möglichkeit, durch ihre Erfahrungen zu wachsen. Ein Kind, dem zugetraut wird, mit Frustration oder Enttäuschungen umzugehen, wird diese Herausforderungen langfristig meistern und gestärkt daraus hervorgehen.

Vertrauen bedeutet aber nicht, dass wir unrealistische Erwartungen haben. Es geht vielmehr darum, dem Kind zu signalisieren: «Ich glaube an dich und deine Fähigkeit, mit dieser Situation umzugehen.» Damit gibst du ihm die Sicherheit, sich auszuprobieren und Fehler zu machen – ohne dass diese als Versagen gewertet werden.

Wie schaffe ich es, meinem Kind wieder mehr Vertrauen entgegenzubringen?

Negative Erwartungshaltungen überwinden

Oftmals entstehen Konflikte bereits in unseren Köpfen, bevor sie überhaupt stattfinden. Wenn wir, wie im Supermarkt-Beispiel, schon im Vorfeld erwarten, dass unser Kind einen Wutanfall bekommt, erhöht das unsere Anspannung und die Wahrscheinlichkeit, dass sich genau dieses Szenario entfaltet. Diese negative Erwartungshaltung überträgt sich unbewusst auf das Kind, was die Situation eskalieren lassen kann.

Aber es gibt einen Weg, diese Muster zu durchbrechen: Indem wir bewusst unsere negativen Annahmen hinterfragen und einen Perspektivwechsel wagen. Statt sich auf das mögliche negative Szenario zu konzentrieren, könnte die Situation aus einem anderen Blickwinkel gesehen werden: Vielleicht ist dies eine gute Gelegenheit mit ihrem Sohn zu üben mit Frustrationen besser umzugehen.

Die Kraft positiver Erwartungen

Ein erster Schritt zu mehr Vertrauen besteht darin, unsere eigenen Erwartungen an das Kind zu überprüfen. Statt im Voraus anzunehmen, dass der Supermarktbesuch im Chaos endet, könntest du dir selbst sagen: «Mein Kind ist heute in der Lage, ruhig durch den Laden zu gehen.» Diese positive Grundhaltung verändert nicht nur deine eigene innere Anspannung, sondern auch die Art, wie du auf dein Kind reagierst. Ein ruhiger und entspannter Elternteil gibt seinem Kind die nötige Sicherheit, die es braucht, um selbst entspannt zu bleiben.

Vorbereitung als Schlüssel

Vertrauen heisst nicht, dass du dich auf den Moment einfach einlässt und alles dem Zufall überlässt. Klare Kommunikation im Vorfeld kann Wunder wirken. Bevor ihr den Laden betretet, könntest du beispielsweise mit deinem Kind besprechen: „Heute kaufen wir keine Spielsachen, aber wir schauen uns um, was es alles gibt.“ Indem du die Erwartungen deines Kindes klar und respektvoll formulierst, bereitest du es auf die Situation vor und gibst ihm Sicherheit.

Alternative Lösungen statt Kontrolle

Manchmal braucht es einfach kreative Alternativen, um herausfordernde Situationen zu entschärfen. Wenn dein Kind unbedingt etwas haben möchte, könntest du gemeinsam einen „Deal“ ausmachen: „Wir kaufen heute nichts, aber zu Hause spielen wir dein Lieblingsspiel.“ Solche Vorschläge helfen deinem Kind, mit der Enttäuschung umzugehen und geben ihm gleichzeitig das Gefühl, dass seine Wünsche gehört werden.

Der innere Dialog – Warum auch du dir selbst vertrauen solltest

Nicht nur das Vertrauen in dein Kind ist entscheidend, sondern auch das Vertrauen in dich selbst. Viele Eltern suchen bei alltäglichen Entscheidungen nach Bestätigung von aussen, ob sie „alles richtig“ machen. Doch oft wissen wir intuitiv, was unser Kind braucht – wenn wir auf unser Bauchgefühl hören.

Du kannst dich fragen: „Was hält mich davon ab, meinem Kind mehr zu vertrauen? Welche Unsicherheiten oder Ängste habe ich?“ Wenn du beginnst, dir selbst und deiner Einschätzung zu vertrauen, wirst du entspannter auf Situationen reagieren können.

Fazit: Vertrauen schenkt Gelassenheit

Indem wir unseren Kindern mehr zutrauen, schenken wir ihnen nicht nur die Möglichkeit, Selbstvertrauen zu entwickeln, sondern entlasten auch uns selbst. Vertrauen bedeutet, loszulassen und darauf zu vertrauen, dass unser Kind mit Herausforderungen umgehen kann – auf seine eigene Weise und in seinem eigenen Tempo. Gleichzeitig gibt es uns als Eltern die Freiheit, die Erziehung gelassener anzugehen und die Beziehung zu unserem Kind zu stärken