Kraft tanken im Alltag – für Eltern kein leichtes Unterfangen.

Vielleicht hast du es selbst auch schon bemerkt – irgendwie geht gar nichts mehr mit den Kindern. Wenn du es schaffst, raus in die Natur zu gehen (oft reicht auch schon der Spielplatz) – schwupp, wieder gut.

Diesen Effekt kannst du noch viel bewusster für dich und deine Familie nutzen – durch Achtsamkeit in der Natur. Denn das ist auch wunderbar mit Kindern möglich.

Die Expertin für Naturachtsamkeit Sandra Knümann erzählt in dieser Podcastfolge darüber, was Naturachtsamkeit ist, was sie uns bringt und wie wir sie in unseren Alltag holen können.

Einen Einführungskurs in die PAN-Praxis® (Natur-Achtsamkeitspraxis) findest Du hier: Expedition ins Jetzt – In der Natur für den Alltag üben

Die Podcastfolge über Achtsamkeit in der Natur mit Kindern in schriftlicher Version:

Was ist Naturachtsamkeit?

Achtsamkeit in der Natur ist die bewusste Wahrnehmung und Akzeptanz des gegenwärtigen Moments, während du dich in der Natur aufhältst.

Es beinhaltet die bewusste Beziehung zur äusseren Natur sowie zur eigenen inneren Natur. Diesen Aspekt finde ich besonders spannend und dies war mir vor dem Gespräch gar nicht so sehr bewusst.

Die Achtsamkeit in der Natur ist eine Methode, die uns erlaubt, Achtsamkeitsübungen mit dem Erleben der Natur zu verknüpfen. Oftmals sind wir zwar physisch in der Natur, aber unser Geist ist woanders.

Die Idee hinter der Achtsamkeit in der Natur ist es, sich voll und ganz auf die Umgebung zu konzentrieren und die Reaktionen unseres Körpers und Geistes darauf zu beobachten.

Durch Naturachtsamkeit kann man die Schönheit der Natur wahrnehmen, Gefühle wie Dankbarkeit und Freude empfinden und eine Verbindung zur Natur herstellen. Es ist eine Form der Achtsamkeitspraxis, die es ermöglicht, im Einklang mit der Natur zu sein und den Moment bewusst zu erleben.

Wie kann ich von der Achtsamkeit in der Natur profitieren?

Das bewusste Eintauchen in die Natur und die achtsame Wahrnehmung der Umgebung helfen dabei, Stress abzubauen und insgesamt stressresistenter zu werden.

In der Natur können wir uns selbst näher kommen und in den Dingen um uns herum erkennen, was uns gerade beschäftigt. Manches kann so zum Vorschein kommen, was bisher gar nicht im Bewusstsein war.

Und natürlich hat die Natur an sich eine beruhigende Wirkung auf Geist und Körper. Wir sind an der frischen Luft und bewegen uns.

Wenn man sich darauf konzentriert, die Natur mit allen Sinnen zu erleben, kann man den Alltagsstress hinter sich lassen und im gegenwärtigen Moment verweilen. Die natürliche Umgebung dient als Rückzugsort für Entspannung und Erholung und hat positive Effekte auf die seelische Verfassung.

Viele Menschen finden in der Natur einen einfacheren Zugang zu der Achtsamkeit im Vergleich zu Achtsamkeitsübungen in geschlossenen Räumen. In der Natur gibt es immer etwas zu sehen, zu spüren, zu riechen – und es fällt leicht im Hier und Jetzt anzukommen und vor allem auch hier zu bleiben.

Und wenn mal etwas nicht nach Plan läuft?

Die Natur zeigt uns, wie ständiger Wandel Teil des Lebens ist. Das hilft uns, Dinge zu akzeptieren, wie sie sind. Diese Art der Achtsamkeit gibt uns eine innere Stärke und lässt uns ruhiger und glücklicher durchs Leben gehen.

Sie sensibilisiert uns auch für unsere Bedürfnisse und lehrt uns, mit Unveränderlichem umzugehen.

Wenn ich mich ganz auf die Natur um mich herum einlasse, erlebe ich ihre Schönheit intensiver und fühle mich dankbarer und erfüllter.

Diese Form der Achtsamkeit kannn auch unser Bewusstsein für globale Themen wie den Klimawandel erhöhen und uns zu einem umweltbewussteren Handeln inspirieren.

Wie kann ich Achtsamkeit in der Natur in meinem Alltag mit den Kindern umsetzen?

Eigentlich ganz einfach: Wir können die Kinder als Vorbild nehmen.

Kindern fehlen zwar noch kognitive Kompetenzen, um im eigentlichen Sinne achtsam zu sein. Es braucht zum Beispiel die Kompetenzen Geduld oder Impulskontrolle für die Achtsamkeitspraxis.

Trotzdem sind sie tolle Vorbilder für uns, weil sie so präsent sind. Kinder leben im Augenblick. Sie nehmen alles an, was jetzt ist und grübeln nicht darüber, was gestern schiefgelaufen ist oder morgen noch alles sein könnte.

Kinder sind im Jetzt. Sie laufen durch den Wald und entdecken. Und da können wir uns natürlich wunderbar anschliessen und das Kind einfach dabei begleiten. Wir können ihm folgen, vom Weg ab zu einer Schnecke oder einem Pilz. So können wir einfach mitgehen und uns von ihrer Präsenz anstecken lassen.

Sandra Knümann macht manchmal in ihren Präsenz-Seminaren eine Übung in Paaren, wobei sie rausgehen sollen uns so richtig das Staunen wieder üben sollen. Dann sollen sie einander Dinge zeigen, die sie gefunden haben und dazu «Ah» und «Oh» sagen. Genau das machen Kinder sowieso.

Lass dich also ruhig von deinen Kindern anstecken und gehen auf Erkundungstour und Expedition draussen.

Wie funktioniert Achtsamkeit in der Natur?

Im Alltag sind wir oft schnell dabei, unsere Umwelt zu bewerten. Doch durch Achtsamkeit lernen wir, diese automatischen Bewertungen zu erkennen und uns nicht von ihnen einschränken zu lassen. Stattdessen bleiben wir neugierig und offen für die Erfahrungen, die das Leben uns bietet.

Nehmen wir zum Beispiel das Wetter: Fängt es an zu regnen, ist unsere erste Reaktion vielleicht: «Ah nein, jetzt ist aber schlechtes Wetter, lass uns wieder reingehen.» Diese Bewertung hat zur Folge, dass wir einer möglichen Erfahrung aus dem Weg gehen, indem wir uns nach drinnen begeben. Die Praxis der Achtsamkeit schlägt einen anderen Weg vor. Wenn wir merken, dass wir eine Bewertung vorgenommen haben, können wir dies als Moment der Achtsamkeit sehen – die Erkenntnis selbst ist bereits ein Akt der Achtsamkeit.

Doch anstatt den Regen als störend zu empfinden, laden wir uns ein, ihn zu erkunden. Vielleicht entdecken wir das Spiel im Regen neu, springen in Pfützen oder lauschen dem Klang der Tropfen auf unserem Haar. Wir können versuchen, einen Regentropfen auf unserer Nase landen zu lassen oder die Kühle des Wassers auf unserer Haut fühlen. Wie riecht die Natur, wenn es regnet? Wie hört sich das Prasseln an? Und wie fühlt es sich an, wenn Wassertröpfchen langsam den Ärmel hinabfliessen?

All diese Wahrnehmungen bringen uns in die Gegenwart und erlauben es uns, ganz im Moment präsent zu sein. Wir verschliessen uns nicht vor der Erfahrung des Regens, sondern erkunden sie. Kinder besonders finden solche Erkundungen spannend und bereichernd. Durch Achtsamkeit können wir sie ermutigen, mit uns gemeinsam die Welt in all ihren Facetten – auch im Regen – zu erleben und zu geniessen.

Die Expertin für Achtsamkeit in der Natur:

Sandra Knümann leitet die Psychologische Akademie für Naturtherapie und ist eine der Pionierinnen für Natur-Achtsamkeit und – therapie. Sie bildet Naturtherapeut:innen und -coaches aus und bietet Onlinekurse für Waldbaden und Natur-Achtsamkeit an.